What Happened to God?

What Happened to God?
© Claus Bach
Rory Macbeth, Arm, 2004

Ob wir an einen Gott glauben oder nicht, ob wir uns nun als Theisten,
Atheisten oder gar Antitheisten bezeichnen, unsere Welt wird
tiefgreifend von Ideen und Konzepten um Gott und das Göttliche
beeinflusst. Die Vorstellung des Göttlichen, Absoluten und das
menschliche Streben, sich mit einer »höheren Macht« in Einklang
zu bringen, sie zu einem Bild des transzendenten, guten Schöpfers
zu verdichten, um über dessen kollektive Verehrung Schutz,
Trost und Glück zu finden, aber auch um Herrschaftsverhältnisse
abzusichern, sind so alt wie die Menschheit. Warum verhindert
oder lindert ein solches höheres Wesen nicht Leiden und Unglück
auf der Welt? Diese zentrale, kritische Frage, die seit Anbeginn
der Religionen Gläubige wie Nichtgläubige beschäftigt, findet ihre
(vorläufige) Zuspitzung in der Formulierung, dass Gott stets einer
ist, der Auschwitz zugelassen hat.

Die sich zuspitzenden Problemstellungen des 21. Jahrhunderts,
wie religiöse und ethnische Konflikte und Terrorismus, der Kampf
um Naturressourcen (und damit verbundene Armut und Hungerkatastrophen),
die Globalisierung und der Mangel an rationalen
Lösungen zur Rettung der Welt scheinen einerseits zu korrespondieren
mit einer erhöhten Glaubensbereitschaft, mit einer gesteigerten
Bindung an verschiedene Religionskulturen, mit einem teils
fanatischen, radikalisierten Festhalten an Glauben und Religiosität.
Andererseits sind Abkehr von der Kirche, Glaubensdefizit
und Glaubensmissbrauch keine Seltenheit, verlieren Menschen
ihren Glauben, geben sich anderen Formen der Spiritualität hin,
suchen nach neuen Inhalten für ihr Leben, an denen festzuhalten
erstrebenswert scheint. Offenbar ist der Mensch ohne Glauben
kein Mensch.

Dennoch wird die Religion als »Seufzer der bedrängten Kreatur«,
»Gemüt der herzlosen Welt«, »Geist geistloser Zustände« und
»Opium des Volkes« (Karl Marx), aus der man sich zu höherem
Menschsein nur durch totales Abstreifen des abendländischen
Christentums mit einer »Umwertung aller Werte« (Friedrich Nietzsche)
aufschwingen könne, ebenso kritisiert, wie die Glaubenskultur
schlechthin von zahlreichen Wissenschaftlern, Historikern,
Psychologen und Völkerkundlern angefochten wird, die im zurückliegenden
Jahrzehnt jegliche Formen von Religion, Irrationalismus,
Aberglaube und Pseudowissenschaft ablehnten und sich für eine
von Vernunft und Verstand anstelle von religiösem Hass und Irrationalismus
dominierte Welt einsetzten.

Jene, die sich zum traditionellen Glauben bekennen: Was haben
sie gefunden? Und jene, die sich neu auf die Suche machen:
Wonach trachten sie? Eint beide die gemeinsame Vorstellung von
einer gemeinschaftlichen Utopie des Paradieses auf Erden? Teilen
sie dasselbe Dilemma von der Unauffindbarkeit dieses Ortes, während
sie in verschiedenen Flucht- oder Kulminationspunkten ihr
Heil suchen? Was kann Gott ihnen bieten? Was ist mit Gott passiert
in einer Welt, in der sich viele desillusioniert von ihm abwenden,
andere ihn nur mit Gewalt zu verteidigen wissen, wiederum andere
sich in Angst und Schrecken abkehren und die zur Gewohnheit
gewordenen Bilder religiös motivierter Gewalt zwar konsumieren,
aber ignorieren?

Künstler zu sein, das Bekenntnis zur Kunst auszuleben, heißt das
nicht auch, wie ein praktizierender Gläubiger, ein Mönch, zu agieren,
mit dem Ziel, dem eigenen und dem Leben der Anderen neue
Inhalte zu geben? Kennt Kunst Antworten auf die Frage:

What Happened to God?

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